Zum ersten Mal fanden die alljährlichen Konferenzen des Netzwerks der Botschafterschulen für das Europäische Parlament (EPAS-Schulen) an zwei Tagen statt, beinhalteten also eine Übernachtung am Tagungsort und ein Abendprogramm. Die ASS Hofgeismar gehört zur Region Südwest (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) und konnte ebenso wie die übrigen 17 Botschafterschulen dieser Region vier Schüler/-innen (Juniorbotschafter/-innen) und zwei Lehrkräfte (Seniorbotschafter-/innen) nach Ludwigshafen entsenden, um dort Neues aus dem EPAS-Netzwerk zu erfahren, sich auszutauschen und neue Projekte zu entwickeln.
Die Konferenz fand an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft I in Ludwigshafen statt und bot getrennte Programmbausteine für die Schüler/-innen und die begleitenden Lehrer-/innen an. Die Juniorbotschafter-/innen starteten mit Kennenlernspielen und einem EU-Quiz, bevor sie Input zum Thema Projektentwicklung bekamen. Dieses Know-how nutzten sie im Anschluss, um mit den Schüler/-innen einer anderen EPAS-Schule ein gemeinsames Projekt zu den Europawahlen am 09.06.24 zu konzipieren. Die Teilnehmer-/innen der ASS – Lili-Marleen Kaminski, Matthäus Gajewski, Peter Kupsky und Jason Schmidt – entwickelten die Idee, ein Quiz rund um die Europawahl zu erstellen, das dann zentral in der Aula der ASS oder auch in den einzelnen PoWi-Kursen gespielt werden könnte und das besonders der Information der Erstwähler dienen soll. Im nächsten Jahr können nämlich erstmals Jugendliche ab 16 Jahren bei der Europawahl ihre Stimme abgeben.
Die Lehrer-/innen (von der ASS: Dr. Kerstin Meier und Tina Görner) konnten sich während der Ideenwerkstatt der Schüler/-innen über Probleme und Best-Practice-Beispiele im EPAS-Programm austauschen und hörten einen beeindruckenden Vortrag zu Verschwörungserzählungen von Katharina Baumgartner, Referentin der Bildungsstätte Anne Frank. Sie untersuchte in ihrem Impulsreferat die Psychologie hinter Verschwörungserzählungen, den Nutzen, die ihre Verbreiter daraus ziehen, und sie präsentierte verstörende Zahlen zu manifester Verschwörungsmentalität in Deutschland, die gemäß der Leipziger Autoritarismus-Studie im Jahr 2022 bei 25 % der Bundesbürger nachweisbar war.
Ein Highlight der Konferenz war die abendliche Diskussionsrunde mit dem Europaabgeordneten Romeo Franz (Bündnis 90/Die Grünen). Romeo Franz ist Sinto und Musiker und engagierte sich seit den 1990er Jahren im Rahmen verschiedener Initiativen und Stiftungen für die Bürgerrechte der Sinti und Roma. 2018 zog er ins Europäische Parlament ein, wo der Kampf gegen Diskriminierung sein Tätigkeitsschwerpunkt ist. Die zweistündige Diskussionsrunde mit Romeo Franz wurde in souveräner Manier vom ASS-Schüler Matthäus Gajewski und seiner Kollegin Gesa vom Gymnasium Calvarienberg in Ahrweiler moderiert. Die Moderatoren stellten den Gast vor, formulierten die ersten Fragen und ermutigten dann die Schüler/-innen im Publikum, ihre Fragen an Romeo Franz loszuwerden. Dabei kommentierten sie immer wieder klug dessen Antworten, ermahnten ihn freundlich, sich kürzer zu fassen, und ergänzten manchmal auch die Fragen aus dem Publikum. So lieferte die Gesprächsrunde interessante Einblicke in den Arbeitsalltag eines Europaabgeordneten, den Brüsseler EU-Mikrokosmos und in Romeos Franz‘ Herzensthema, den Kampf gegen Diskriminierung.
Was die Schüler-/innen allerdings etwas bedauerten, war die Schwierigkeit, eine echte Diskussion mit Herrn Franz zu führen und sich selbst stärker einzubringen. Letztlich dienten die Fragen der Schüler-/innen Romeo Franz als Impuls für recht lange – wenngleich in der Regel unterhaltsame – Monologe. Das war aber auch der einzige kleine Kritikpunkt, den die ASS-Schüler/-innen an der Veranstaltung in Ludwigshafen finden konnten. Jason Schmidt lobte die angenehme Atmosphäre bei der Veranstaltung, den Austausch mit Schüler/-innen anderer Schulen und die Möglichkeit, sein Wissen über die EU zu erweitern. Peter Kupsky fand es toll, einen Europaabgeordneten persönlich kennenzulernen und ihm Fragen stellen zu dürfen. Seiner Ansicht nach ist das ein effektives Mittel, um die Distanz zwischen Jugendlichen und der Politik abzubauen. Alle vier ASS-Schüler-/innen haben die Möglichkeiten, die die Konferenz ihnen bot – Fragen stellen, moderieren, Ideen präsentieren – voll ausgeschöpft und bereits erklärt, dass sie sehr gerne im nächsten Schuljahr wieder dabei wären.